Erdölpreis

Die Entwicklung des Erdölpreises

Seit sich die Verwendung des Erdöls als reines Leuchtmittel in Petroleumlampen hin zu einem Treibstoff und als wichtiger Bestandteil in der Petro-chemischen Industrie verschoben hat, hat die Relevanz der Entwicklung des Preises für diesen Rohstoff stark zugenommen. Die Unberechenbarkeit und starke Volatilität des Erdölpreises hat allerdings erst Anfang der 1970er Jahre begonnen.

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Die Erdölpreiskrise von 1973

Die Erdölpreiskrise des Jahres 1973 hatte sich über die Jahre davor angebahnt. Trotz zunehmender Absprachen gab es nach wie vor die Konkurrenz um die Macht der Gestaltung des Ölpreises durch private Konzerne, vor allem die so genannten "Sieben Schwestern"[1] und die OPEC-Staaten. Zudem bauten die Konsumentenstaaten innerhalb der OECD ein „Verbraucher-Kartell“ auf. Dieses Verbraucher-Kartell versuchte über verschiedene Instrumente, wie den Aufbau von strategischen Reserven und der Diversifizierung der Erdölquellen und -produzenten die Macht der Konzerne und der OPEC zu unterlaufen, um selbst ein einflussreicherer Akteur zu werden.

Allerdings benötigte die Diversifizierung der Erdölquellen viel Zeit, da zum Teil erst Explorationstätigkeiten in den einzelnen Staaten durchgeführt werden mussten. Nicht zuletzt deshalb konnte das Erdölembargo von 1973 zu einer Erdölpreiskrise führen. Nach dem 6. Oktober 1973, dem Beginn des Jom-Kippur-Krieges[2], kam es zu einem Boykott der OPEC gegenüber den USA und den Niederlanden. Nach der Aufstockung der Waffenlieferungen an Israel und der in Aussichtstellung eines Militärhilfepaketes in Höhe von 2,2 Milliarden US-Dollar, stellte Saudi Arabien am 20. Oktober 1973 die Erdöllieferungen an die USA und an die Niederlande[3] ein; andere OPEC-Staaten folgten dem Beispiel. Kurz darauf wurde das Embargo auf Portugal, Südafrika und Südrhodesien ausgeweitet.[4]

Allerdings gelang es den OPEC-Staaten – ausgenommen dem Iran und Irak – nicht, ihre „Ölwaffe“ auf diese Staaten zu beschränken. Das lag daran, dass Erdöl nicht auf verschiedenen Märkten, sondern auf einem Weltmarkt gehandelt wird, der von vielen gegenseitigen Abhängigkeiten bestimmt ist.[5] Die Drosselung der Fördermenge zwischen Oktober und Dezember 1973 um fünf Millionen Barrel pro Tag auf 15,8 Millionen Barrel am Tag durch die OPEC und der Anstieg des Weltverbrauchs zwischen 1970 und 1973 um etwa sieben Prozent pro Jahr von 46,1 auf 56,3 Millionen Barrel pro Tag, verursachten eine weltweite Versorgungskrise. Das betraf auch Staaten, die von der OPEC als „freundlich“ eingestuft wurden. Die Auswirkungen des Engpasses auf die Weltwirtschaft wurden dadurch verstärkt, dass die OPEC-Staaten schon am 16. Oktober 1973 die Erhöhung des Posted Price um 70 Prozent auf 5,11 US-Dollar pro Barrel verkündet hatten. Dadurch sollte der Preis auf die Ebene des freien Spotmarktes angehoben werden.[6]

Die OPEC beschloss den Preis von nun an unilateral, also ohne Absprache mit den Konzernen festzulegen. Das Kartell entschied sich für diesen Kurs, da im Jahre 1973 Erdöl zu einem wesentlich höheren Preis auf dem Markt verkauft wurde, als es in der Vereinbarung von Teheran festgelegt war. Aus Sicht der OPEC handelte es sich also um einen Mehrgewinn für die Unternehmen, der nicht mit den Produzentenstaaten geteilt wurde. In verschiedenen Gesprächen über diesen Missstand wehrten die Konzerne aber eine Preiserhöhung ab, was schließlich zur einseitigen Preisanhebung durch die OPEC-Minister führte.[7]

Somit entwickelte sich das Embargo gegen die USA und die Niederlande gepaart mit dem Kampf um die Rechte bei der Erdölpreisfestlegung schnell zur ersten Ölpreiskrise, die in der Vervielfachung des Erdölpreises von 1,80 US-Dollar pro Barrel im Jahre 1970 auf 11,58 US-Dollar pro Barrel im Jahre 1974 gipfelte (Abbildung).[8]

2013 Ölpreisentwicklung BP.jpg

Davon betroffen waren vorwiegend die privaten und industriellen Verbraucher in den Abnehmerstaaten. Da die Sieben Schwestern versuchten, die Last des Embargos auf alle Verbraucherstaaten zu verteilen, gab es nicht nur in den USA und den Niederlanden lange Schlangen vor den Tankstellen, sondern auch in allen anderen Staaten der damaligen Europäischen Gemeinschaft (EG). Die westlichen Konzerne gerieten in eine Sonderposition: Auf der einen Seite wollten sie ihre Förderrechte in den OPEC-Staaten nicht verlieren; mussten also das Embargo unterstützen. Andererseits wurden sie von den Regierungen der USA, Großbritanniens und den Niederlanden unter Druck gesetzt, sich ihnen gegenüber loyal zu verhalten. Darüber beschwerten sich wiederum die Sieben Schwestern.[9] Ihnen gelang es jedoch trotz ihrer Lage ihre Machtposition beizubehalten. Dank ihrer Infrastruktur an Erdöltankern, Raffinerien und dem Tankstellennetz, konnten nur sie den Rohstoff in veredelter Form und in ausreichendem Maße zum Endkunden bringen. Durch diese Tatsache schwand auch die Hoffnung der OPEC-Staaten, sie könnten sich über das Embargo der Sieben Schwestern als Zwischenhändler entledigen.[10]


Quellen und weiterführende Hinweise

  1. Standard Oil of New Jersey (Exxon), Royal Dutch Shell, APOC (BP), Gulf Oil, Texaco, Standard Oil Co. of New York (Mobil) und Standard Oil of California (Chevron) Normal 0 21 false false false DE X-NONE X-NONE
  2. Am „Versöhnungstag“ (Jom-Kippur) am 6. Oktober 1973, begannen Ägypten am Suezkanal und Syrien auf den Golanhöhen einen Überraschungsangriff auf Israel. Trotz militärischer Überlegenheit der arabischen Staaten konnte Israel den Angriff abwehren und Teile der Sinaihalbinsel erobern. Diese wurden nach zwei Truppenentflechtungs-Abkommen von 1974 und 1975, die unter Vermittlung des damaligen US-Außenministers Henry Kissingers zwischen Israel und Ägypten zustande kamen, teilweise an Kairo zurückgegeben. Shlaim, Avi (1976): Failures in National Intelligence Estimates: The Case of the Yom Kippur War; in: World Politics; S. 348-380; Vol. 28; Nr. 3; John Hopkins University Press; S. 348f.
  3. Die Niederlande boten zum einen ihre Flughäfen für Zwischenlandungen der US-Amerikaner an, zum anderen galten sie aufgrund ihres Zentrums für den internationalen Diamantenhandel als Unterstützer und traditionelle Freunde Israels.
  4. Yergin, Daniel (1991): Der Preis. Die Jagd nach Öl, Geld und Macht; Fischer Verlag, Frankfurt am Main; S. 739.
  5. Martin, William F.; Haffje, Evan M. (2005): The International Energy Agency; in: Kalicki, Jan H.; Goldwyn, David, L.: Energy and Security; S. 97-116; Woodrow Wilson Center Press; Washington; S. 99.
  6. British Petroleum (2007): Statistical Review full workbook 2007; in: BP Online; http://www.bp.com/multipleimagesection.do?categoryId=9017892&contentId=7033503; Zugriff: 05.02.2008; Yergin, Daniel (1991): Der Preis. Die Jagd nach Öl, Geld und Macht; Fischer Verlag, Frankfurt am Main; S. 734.
  7. Chalabi, Fadhil J. (1997): OPEC: An Obituary; in: Foreign Policy; No. 109; S. 126-140; Carnegie Endowment for International Peace; S. 130.
  8. British Petroleum (2007): Statistical Review full workbook 2007; in: BP Online; http://www.bp.com/multipleimagesection.do?categoryId=9017892&contentId=7033503; Zugriff: 05.02.2008.
  9. Bspw. beschwerte sich ein Topmanager: „Wir wurden die Sklaven der ganzen Welt, von niemandem geliebt, von allen geschlagen und beschimpft.“ Sampson, Anthony (1976): Die Sieben Schwestern. Die Ölkonzerne und die Verwandlung der Welt; Rowohlt; Hamburg; S. 259.
  10. Barudio, Günter (2001): Die Tränen des Teufels; Klett-Cotta; Stuttgart; S. 214f.



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