„Integriertes Energie- und Klimaprogramm“ (IEKP) 2007 („Meseberger Beschlüsse“)

„Integriertes Energie- und Klimaprogramm“ (IEKP) 2007 („Meseberger Beschlüsse“)

Der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs hat im Frühjahr dieses Jahres unter deutscher Präsidentschaft die Weichen für eine integrierte europäische Klima- und Energiepolitik gestellt. Dazu gehören anspruchsvolle Klimaschutzziele ebenso wie Ziele für den Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Steigerung der Energieeffizienz. Mit den vorgelegten Eckpunkten für ein integriertes Energie- und Klimaprogramm setzt die Bundesregierung die europäischen Richtungsentscheidungen auf nationaler Ebene durch ein konkretes Maßnahmenprogramm um. Leitschnur bleibt das Zieldreieck aus Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit. Das integrierte Energie- und Klimaprogramm greift die Aussagen der Regierungserklärung vom 26. April 2007 und die Ergebnisse des Energiegipfels vom 3. Juli 2007 auf. 2. Die Umsetzung des Energie- und Klimaprogramms wird so ausgerichtet, dass die Klimaziele in einem kontinuierlichen Prozess bis 2020 erreicht und die erforderlichen Maßnahmen kosteneffizient ausgestaltet werden. Dies wird durch ein alle zwei Jahre durchgeführtes Monitoring überprüft. Auch wird die Bundesregierung eine Folgenabschätzung mit den Kriterien Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit der geplanten Maßnahmen unter Einbeziehung von Wirtschaft, Verbrauchern und Wissenschaft vornehmen. 3. Die Bundesregierung kann bei Umsetzung des Energie- und Klimaprogramms auf den im Emissionshandel erreichten Ergebnissen aufbauen. 58 % der CO2-Emissionen entfallen auf den emissionshandelspflichtigen Sektor. Mit dem verabschiedeten und in Kraft getretenen Zuteilungsgesetz 2012 wird erreicht, dass in der zweiten Handelsperiode 2008 - 2012 die CO2-Emissionen der Anlagen um 57 Mio. t gegenüber der ersten Handelsperiode 2005 - 2007 abgesenkt werden. 4. Der Klimaschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht alleine von der Bundesregierung bewältigt werden kann. Vielmehr sind Wirtschaft, Länder und Kommunen aufgefordert, ihrerseits den notwendigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. 5. Die Herausforderungen des weltweiten Klimawandels sind auf das Engste mit der Frage verknüpft, wie unter den Bedingungen einer weltweit steigenden Energienachfrage in Zukunft die Versorgungssicherheit zu wirtschaftlichen Preisen gewährleistet und so insgesamt eine nachhaltige Energieversorgung verwirklicht werden kann. Eine ambitionierte Strategie zur Steigerung der Energieeffizienz und der weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien sind die richtige Antwort, um die Emission der Treibhausgase zu reduzieren. 5 6. Das klimapolitisch Notwendige kann und muss so ausgestaltet werden, dass es auch energiepolitisch sinnvoll ist und Wachstum und Beschäftigung Rechnung trägt. Dazu gehört, dass Energiewirtschaft und Industrie verlässliche und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für ihre Investitionen haben. Gleichzeitig benötigen die Verbraucher kosteneffiziente Lösungen und transparente Rahmenbedingungen für ihre Konsum- und Investitionsentscheidungen. 7. DieWahl zwischen verschiedenen klimafreundlichen Technologien soll durch staatliche Vorgaben so wenig wie möglich eingeschränkt werden. Von dem Maßnahmenpaket gehen Impulse für Innovationen aus. Die Bundesregierung unterstützt deshalb mit zusätzlichen Mitteln, die im Rahmen der High Tech-Strategie vereinbart worden sind, die Forschung und Entwicklung im Bereich Energietechnologien und Klimaschutz. 8. Für das Haushaltsjahr 2008 stehen für die Klimapolitik im Bundeshaushalt insgesamt 2,6 Mrd. €(einschließlich bis zu 400 Mio. €aus der Veräußerung von Emissionszertifikaten) zur Verfügung. Dies sind im gesamten Bundeshaushalt 1,8 Mrd. €mehr als im Haushalt 2005 und entspricht einer Steigerungsrate von rund 200 Prozent. Auch in den kommenden Haushaltsjahren 2009 ff wird der Ausbau einer effizienten Energieund Klimapolitik im Einklang stehen müssen mit den Konsolidierungszielen der Bundesregierung, ihrer verabschiedeten Finanzplanung bis 2011 und der notwendigen weiteren Rückführung der Neuverschuldung des Bundes. Zusätzliche Ausgaben für den Klimaschutz können daher aus möglichen zusätzlichen Einnahmen der Auktionierung von Emissionszertifikaten und aus noch zu verhandelnden Anteilen eventueller Steuermehreinnahmen oder Umschichtungen im Bundeshaushalt zu finanzieren sein. Darüber entscheidet das Bundeskabinett im Rahmen seiner künftigen Haushaltsplanberatungen. 9. Mit unserer nationalen Klimaschutzpolitik stellen wir uns unserer Verantwortung und geben Beispiel für andere. Um den weltweiten Klimawandel wirksam begrenzen zu können, ist aber ein gemeinsames Handeln auf internationaler Ebene eine entscheidende Voraussetzung. Hierzu sind wir beim G8-Gipfel in Heiligendamm ein gutes Stück vorangekommen. Für die Zeit nach dem Auslaufen des Kyoto-Protokolls 2012 brauchen wir ein umfassendes internationales Abkommen, in dem sich alle Industrieländer zu vergleichbaren Emissionsredu6 zierungen und die großen Schwellenländer zu angemessenen Klimaschutzbeiträgen verpflichten. 10. Mit den vorgelegten Eckpunkten für ein integriertes Energie- und Klimaprogramm setzt die Bundesregierung die europäischen Richtungsentscheidungen auf nationaler Ebene durch ein konkretes Gesetzgebungs- und Maßnahmenprogramm um. Eine Energie- und Klimapolitik ist nur in dem Maße glaubwürdig, wie ihre ambitionierten Ziele auch durch konkrete Maßnahmen umgesetzt werden. In das Programm fließen auch die Ergebnisse des nationalen Energiegipfels und die Berichte der Arbeitsgruppen ein. Wie dort von den Teilnehmern übereinstimmend festgestellt wurde, bleibt für die Bundesregierung das Zieldreieck aus Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit Richtschnur der Energiepolitik. 11. Im Kern geht es bei dem Gesetzgebungs- und Maßnahmenprogramm um eine Optimierungsaufgabe. So geht es beispielsweise darum, wie die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien optimal in die zukünftige Stromversorgung integriert werden kann. Was ist der wirtschaftlich vernünftige Weg, um den bisher schleppenden Ausbau der hoch eff izienten Kraft-Wärme-Kopplung voranzubringen? Wie kann durch eine verbesserte Kennzeichnung oder weiter entwickelte Leitlinien für die öffentliche Vergabe von Aufträgen die Marktdurchdringung mit energieeffizienten Produkten erhöht werden? Wie können durch eine Kombination aus verbindlichen Standards zur Energieeffizienz von Gebäuden, staatlicher Förderung, sowie Information der Verbraucher und Eigentümer auch anhand guter Beispiele die enormen und vergleichsweise kostengünstigen Effizienzpotenziale insbesondere im Gebäudebestand mobilisiert werden? Wie können integrierte Lösungsansätze beim einzelnen Gebäude und im quartiersbezogenen und gesamtstädtischen Umfeld gefunden werden? 12. Die Zielsetzung des Maßnahmenprogramms wird durch eine Energieaußenpolitik flankiert, die ihren Beitrag dazu leistet, dass die Versorgung mit fossilen Energieträgern gewährleistet ist und gleichzeitig der Ausbau nachhaltiger Energiestrukturen in allen Ländern vorankommt. Dazu bedarf es eines langfristig angelegten Dialogs insbesondere zwischen den Industrie- und Schwellenländern sowie der Zusammenarbeit bei der Modernisierung des Kraftwerkparks, beim Ausbau erneuerbarer Energien, bei der Steigerung der Energieeffizienz und somit bei der Reduktion von Treibhausgasemissionen. 13. Der nationale Mix der eingesetzten Energieträger wird nicht durch die Bundesregierung festgelegt, sondern ist das Ergebnis der Entscheidungen der verantwortlichen Akteure auf 7 der Grundlage der nationalen und europäischen Rahmenbedingungen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass der Ersatz ineffizienter Kohle- und Braunkohlekraftwerke durch neue und hoch effiziente Kraftwerke einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Modernisierung der Stromversorgung leistet. Die im Zuteilungsgesetz deutlich gesenkten Obergrenzen für die Emissionen von Kohlendioxid gewährleisten, dass die nationalen Klimaschutzziele eingehalten werden. In der dritten europäischen Handelsperiode ab 2013 werden die Obergrenzen weiter abgesenkt. Um ihre Obergrenzen nicht zu überschreiten, können Anlagenbetreiber Emissionsrechte zukaufen, Emissionsgutschriften aus Klimaschutzprojekten im Ausland (CDM/JI) realisieren oder – längerfristig – Kohlendioxid abscheiden und speichern (CCS-Technologien). Für CCS muss - wie im Programm vorgesehen - der erforderliche Rechtsrahmen geschaffen werden. 14. In der Gesellschaft und in der Bundesregierung gibt es über die zukünftige Bedeutung der Kernenergie unterschiedliche Auffassungen. Dies hindert die Bundesregierung aber nicht daran, klimaschutz- und energiepolitisch notwendige Entscheidungen zu treffen. Wie die europäischen Beschlüsse zeigen, sind eine ambitionierte Effizienzstrategie und der Ausbau der erneuerbaren Energien unabhängig von diesem Punkt sinnvoll. 15. Es ist für unsere Volkswirtschaft wichtig, dass auch unter den veränderten Rahmenbedingungen das Produzierende Gewerbe und die energieintensive Industrie weiterhin international wettbewerbsfähig sind. Unter den Teilnehmern am Energiegipfel bestand Einvernehmen, dass die großen wirtschaftlichen Potenziale zur Steigerung der Energieeffizienz insbesondere auf der Nachfrageseite liegen, im Gebäudebestand, im Verkehr, im Produktbereich und in der mittelständischen Wirtschaft. Dagegen haben Unternehmen des Produzierenden Gewerbes, insbesondere energieintensive Betriebe, bei denen der Energieeinsatz einen wesentlichen Kostenfaktor ausmacht, schon heute einen Anreiz, bestehende Effizienzpotenziale zu nutzen. Dieser Anreiz wird durch den Emissionshandel noch verstärkt. 16. Mit ihrer Effizienzstrategie setzt die Bundesregierung wesentliche Modernisierungsimpulse. Wer energiesparende Maschinen und Pumpen produziert und Fahrzeuge mit einem geringen Kraftstoffverbrauch herstellt, hat bei steigenden Energiepreisen auf dem heimischen Markt, aber auch auf den Exportmärkten Wettbewerbsvorteile. Wenn wir im Verkehr, bei Heizung und Warmwasser den Öl- und Gasverbrauch deutlich vermindern, verringern wir die Abhängigkeit von Energieimporten und senken die Kraftstoffkosten bzw. die Heizungsrechnung der Verbraucher. Impulse für Forschung und Entwicklung, Anhebung verbindlicher Effizienzstandards für Gebäude und Produkte sowie ökonomische Anreize zur 8 Markteinführung energieeffizienter Produkte gehören zum Paket der Maßnahmen. Wie auch bei den erneuerbaren Energien wird Deutschland seine international führende Rolle bei den Energieeffizienztechnologien weiter ausbauen. Die Bundesregierung wird dies im Rahmen einer wirksamen Exportoffensive unterstützen.

14 Erneuerbare-Energien Wärmegesetz (EEWärmeG) Ist: Der Anteil erneuerbarer Energien an der Wärmebereitstellung betrug 6,0% im Jahr 2006 und ist in den letzten Jahren nur langsam gewachsen (2005: 5,4%). Die Technologien hierfür sind breit vorhanden, es fehlt noch an der Marktdurchdringung, zum Teil auch wegen fehlender Wirtschaftlichkeit. Die Erneuerbaren Energien sind im Wärmemarkt der „schlafende Riese“. Ziel: Erhöhung des Anteils von erneuerbaren Energien am Wärmeverbrauch auf 14% im Jahr 2020 . Maßnahme: 1. Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz: Es wird eine Pflicht zur anteiligen Nutzung von Erneuerbaren Energien eingeführt. Dabei können neben solarer Strahlungsenergie und Wärmepumpen auch andere Erneuerbare Energien, sowie KWK (z. B. Fernwärme oder Brennstoffzellen) zum Einsatz kommen. Beim Einsatz solarer Strahlungsenergie ist eine Nutzungspflicht von 15% im Neubau, im Bestand bei grundlegender Sanierung 10 % vorgesehen. Der Anteil der Erneuerbaren Energien wird zukünftig ausgewiesen und wie bisher auf die Erfüllung der energetischen Anforderungen angerechnet. Die Pflicht kann alternativ auch durch quartiersbezogene Lösungen oder durch eine Unterschreitung des jeweils geltenden EnEV- Niveaus um 15 %. Städtebaulichen Belangen, z.B. in Innenstädten, wird Rechnung getragen. Härtefall-/Befreiungs- bzw. Entfallensregelung der Nutzungspflicht, wenn Nutzungspflicht oder ersatzweise Erfüllung im Einzelfall unverhältnismäßig sein würde. Das Marktanreizprogramm Erneuerbare Energien wird auf bis zu 350 Mio. €verstärkt (finanziert aus Auktionierungserlösen). Erst die Planbarkeit führt zum Aufbau einer leistungsfähigen Branche (ähnlich EEG). Fördermittel sollen insbesondere eingesetzt werden, wenn der Eigentümer über die gesetzliche Nutzungspflicht hinausgeht oder innovative Technologien einsetzt. Das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz wahrt den Grundsatz der wirtschaftlichen Vertretbarkeit und wird mit den fachlichen Vorgaben der EnEV abgeglichen. 28 2. Quartiersbezogene Lösungen zur Wärmebereitstellung durch Erneuerbare Energien sollen in Verzahnung mit baurechtlichen Vorschriften voran gebracht werden. Federführung: BMU für EEWärmeG, BMVBS/BMWi für EnEV und fachlichen Abgleich mit Wärmegesetz