EU-Ebene

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Die Ebene der Europäischen Union

Im Multilevel-Governance-System der EU steht dabei die nationale Ebene zwischen den Interessen und Instrumenten der EU und der Bundesländer bzw. der Kommunen. Hinsichtlich der Zuständigkeiten und Machtgefüge sind diese drei Ebenen jedoch nicht in einem klaren Top-down-Modell zu klassifizieren. Es handelt sich vielmehr um eine sehr heterogene Struktur. Beispielsweise wird die für biogene Festbrennstoffe im Bereich Holzschnitzel und Pellets relevante Forstwirtschaft auf nationaler Ebene reguliert. Die politischen Leitlinien sollen jedoch auf der EU-Forststrategie und EU-weiten Mechanismen – z. B. Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa (MCPFE) – basieren. Allerdings sind die Mitgliedstaaten wiederum nach der Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen Artikel 4 der EU-Kommission dazu verpflichtet, nationale Aktionspläne erstellen. Diese Aktionspläne enthalten auch nationale Strategien zur „Entwicklung der vorhandenen Biomasseressourcen, zur Mobilisierung neuer Biomasseressourcen für unterschiedliche Verwendungszwecke und zur Förderung ihrer Nutzung im Strom-, Wärme- und Kältesektor sowie im Verkehrssektor.“[1]

Anzumerken ist allerdings, dass die Energiepolitik auch weiterhin durch die einzelnen Mitgliedsstaaten getrieben ist. Da es sich bei diesem Politikfeld um einen Schwerpunkt vitalen nationalen Interesses handelt. Aufgrund des stark divergierenden Energiemixes entstehen unterschiedliche Interessen in den Mitgliedsstaaten, auch wenn die grundsätzlichen Strategien der Energieversorgungssicherheit - inklusive einer nachhaltigen und nach möglichkeit autarken Energieversorgung - übereinstimmen. Letztlich bleibt die politische Zielsetzung in der EU zwischen den einzelnen Institutionen und nationalstaatlicher sowie europäischer Ebene zersplittert. Einerseits liegt dies an der heterogenen Struktur der Primärenergiemix und der daraus resultierenden unterschiedlichen Energiestrategien der einzelnen Nationalstaaten. Andererseits ist die Entwicklung einer einheitlichen Strategie zur Förderung von erneuerbaren Energien und spezielle der erneuerbaren Wärme aufgrund der unterschiedlichen Interessen der Akteure und deren Durchsetzungsfähigkeit in den unterschiedlichen europäischen Institutionen schwierig.

Primärenergiebedarf in Deutschland, Frankreich und Polen (1965-2011; Millionen Tonnen Erdölequivalent)

In ihrem Grünbuch „Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit“ des Jahres 2000 stellt die EU-Kommission fast schon resignativ fest: „Sieht man von einigen Maßnahmen im Rahmen von SAVE und ALTENER ab, ist es bedauerlich, dass die Europäische Union sowohl hinsichtlich der Verbreitung der Ergebnisse als auch der Einführung neuer Normen zur Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden, im Verkehr, in der Industrie usw. keinen größeren Nutzen aus ihren Initiativen zur Unterstützung und Förderung neuer Technologien, insbesondere im Rahmen ihrer Forschungsprogramme, gezogen hat.“ [2]


Weißbuch: Energie für die Zukunft: Erneuerbare Energieträger, Weißbuch für die Gemeinschaftsstrategie und Aktionsplan 1997

Im Zuge der internationalen Klimapolitik und kurz vor der Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls brachte die EU-Kommission im Jahre 1997 das Weißbuch „Energie für die Zukunft: Erneuerbare Energieträger“ heraus. Ziel war es, die THG-Reduktion sollte bis 2010 gegenüber 1990 um 15 % zu verringern. Zudem sollte auf heimische Energieträger zurückgegriffen werden, um zu verhindern, dass die Energieimportabhängigkeit von 50 % (1997) auf prognostizierte 70 % im Jahre 2020 ansteigt. Im Sinne der Diversifizierung sollte dabei ein Augenmerk auf regenerative Energien gelegt werden. Der Anteil der EE, der bis dato innerhalb der EU weniger als 6 % des Bruttoinlandsenergieverbrauchs ausmachte, sollte auf 12 % erhöht werden.

Nach Konzeption der Kommission schien der bedeutendste Anstieg beim Anteil der EE bei der Biomasse liegen. Sie sah hier die Möglichkeit die Energieproduktion um 90 Mio. t RöE bis 2010 auszubauen. Der Anteil biogener Festbrennstoffe deren Ausbaukapazität bis 2010 auf 27 Mio. t RöE geschätzt wurde, sollte über 10 ha Anbaufläche (v.a. Grenzertragsboden) erhöht werden. Als zweitwichtigste Energiequelle wurde die Windenergie eingeschätzt mit einem Steigerungspotenzial von 40 GW, gefolgt von thermischen Solarkollektoren 100 Mio. m2 (1995 6,5 Mio. m2), mit einem Einsparpotenzial fossiler Energieträger von 35 Mio. t RöE. Bei der Wasserkraft sah die Kommission nur noch geringe Ausbaumöglichkeiten, so dass ihre Zunahme bis 2010 bei 13 GW liegen sollte. Bei Photovoltaik sollte der Zuwachs 3 GWp, bei Erdwärme 1 GWe und 2,5 GWth und bei Wärmepumpen 2,5 GWth betragen.

Zur Marktdiffusion von fester Biomasse sah die EU-Kommission vor, den Fokus v.a. auf Mittel- und Großlösungen zu legen. Die Substitution fossiler Brennstoffe in Kohlekraftwerken und bestehenden Fernwärmenetzen sollte ebenso vorangetrieben werden, wie der Bau neuer Fernwärme- bzw. Fernkühlungsnetze. Es sollten ferner verbesserte Kombikraftwerke (Kohlevergasung (IGCC) und Biomasse aus Abfällen) gebaut werden.

Im privaten Wohnsektor sah die Kommission ferner einige Möglichkeiten, den EU-Gesamtenergieverbrauch bis 2010 um 50 % zu reduzieren. Die Hälfte hiervon könne durch aktive und passive Solartechnik gesenkt werden. Die Steuerung sollte dabei zunächst über Förderungen (aktive und passive Nutzung für Heiz- und Kühlzwecke) und ordnungsrechtliche Instrumente, wie bspw. der Novellierung von bestehenden Richtlinien (Energieeffizienz in Gebäuden, Bauprodukte) von statten gehen[3].

Grünbuch: „Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit“

Im Zuge der gesetzten Ziele bis zum Jahre 2010 einen Anteil der EE von 12 % am Bruttoinlandsenergieverbrauch zu erreichen, brachte die EU-Kommission im Jahre 2000 das Grünbuch „Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit“ heraus. Darin wird im Bereich der EE konstatierte die Kommission, dass der Aufbau eines gemeinsamen Binnenmarktes für Energie nicht schnell genug vorankomme, um eine nachhaltige Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dies behindere den Ausbau der EE. Ein weiteres Instrument sollte die Steuervergünstigung von EE-Technologien sein, wobei im Wohnheizbereich der Wettbewerbsvorteil von Erdgas enorm sei und sich hier auch bei einer Steuerbegünstigung EE-Wärmetechnik kaum eine Chance zur Durchsetzung hätte (ausgenommen Spanien und Irland). Hier sollte die Möglichkeit des Vorrangs regenerativer Energien, wie sie in der Binnenmarktsrichtlinie vorhanden ist, von den Mitgliedstaaten wahrgenommen werden.

Der Fokus beim Ausbau der EE liegt vorwiegend auf dem Stromsektor. Bei EE-Wärme hält sich die Kommission bedeckt. Dennoch geht sie etwas auf Umweltwärme ein. Elektrische Wärmepumpen erkannte die Kommission aufgrund ihrer mangelnden Wirtschaftlichkeit nicht als geeignete Alternative zu konventionellen Heizungsformen (außer in Finnland und Schweden).

Dennoch stellt die EU-Kommission ihrem Grünbuch fast schon resignativ fest: „Sieht man von einigen Maßnahmen im Rahmen von SAVE und ALTENER ab, ist es bedauerlich, dass die Europäische Union sowohl hinsichtlich der Verbreitung der Ergebnisse als auch der Einführung neuer Normen zur Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden, im Verkehr, in der Industrie usw. keinen größeren Nutzen aus ihren Initiativen zur Unterstützung und Förderung neuer Technologien, insbesondere im Rahmen ihrer Forschungsprogramme, gezogen hat.“ [4]

Aktionsplan für Biomasse 2006

Im Zuge der Gewährleistung einer Energieversorgungssicherheit und zur Erreichung der Klimaziele brachte die EU-Kommission im Jahre 2006 den „Aktionsplan für Biomasse“ heraus. Darin veranschlagte sie verschiedene Maßnahmen, mit denen sie die Biomasse auf ca. 150 Mio. t RöE ausbauen wollte. Vor allem im Verkehrssektor und im Wärmebereich sah sie hier große Potenziale. Zur Beschleunigung des Zubaus an Kapazitäten sollten ordnungsrechtliche Instrumente novelliert bzw. neu eingeführt werden. Der Fokus lag auf der Versorgungssicherheit mit Brennstoffen, deren effiziente Nutzung, einer Kennzeichnungspflicht hinsichtlich der Umweltverträglichkeit der Anlagen, Richtwerten und freiwilligen Vereinbarungen für die Industrie. Zudem sollte die Richtlinie über die Gesamteffizienz von Gebäuden novelliert werden.

Die Biomasse sollte vorwiegend aus EU-eigener Produktion stammen. Dafür wurde 2003 die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) geändert, so dass das Einkommen von Landwirten nicht mehr an die Erzeugung gekoppelt war und sie auf obligatorisch stillgelegten Flächen Non-food-Pflanzen anbauen konnten. Im Bereich der Forstwirtschaft erhob die Kommission, dass 35 % des in Wäldern wachsenden Holzes ungenutzt sei. Da dies v.a. Privatwälder beträfe, sei die Aktivierung dieses Potenzials allerdings schwierig. Im Laufe des Jahres 2006 wollte sie deshalb einen Aktionsplan für die Forstwirtschaft erstellen.

Eine finanzielle Förderung konzipierte die Kommission aus Struktur- und Kohäsionsfonds sowie EFRE-Mitteln[5].

Energie 2020: Eine Strategie für wettbewerbsfähige, nachhaltige und sichere Energie

Unter Energiekommissar Günther Öttinger (CDU) entwarf die EU-Kommission im Jahre 2010 eine Energiestrategie bis zum Jahr 2020. Zum Schutz der Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit wurde dieses Feld als eine der größten Bewährungsproben der EU gesehen. Durch fragmentierte Energiestrategien der Einzelstaaten sah die EU große Chancen, die sich aus einem gemeinsamen, liberalisierten Energiebinnenmarkt entstünden vertan. Dies sei auch notwendig, um die Infrastruktur für die europaweiten Klimaziele mit geschätzten Kosten von einer Billion Euro aufzubauen bzw. zu modernisieren.

Schwerpunkte der Strategie war eine effiziente Energienutzung, um eine Energieeinsparung um 20 % bis 2020 zu erreichen, die Garantie eines freien Energieverkehrs, sichere und erschwingliche Energie für Bürger und Unternehmer, Technologiewandel und eine starke internationale Partnerschaft.

Der Fokus auf Energieeffizienz orientierte sich hauptsächlich auf den Stromsektor, wobei die Generaldirektion Energie der EU den Gebäudebereich im Blick hatte. Konkrete Strategien zur Umsetzung der 20-20-20 Ziele, wie bspw. beim Burden-Sharing der THG-Reduktion, sind in Europa 2020 allerdings nicht zu erkennen. Es wurde eher an die Mitgliedstaaten appelliert ihre Anstrengungen zu intensivieren. Die Umsetzung des Ziels 20 % EE an der Energieversorgung und 20 % mehr Energieeffizienz wurde also den Mitgliedstaaten überlassen[6].

Quellen und weiterführende Hinweise

  1. Europäische Kommission (2008): Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung und Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen; KOM(2008)19 endgültig; 26.
  2. Europäische Kommission (2000): Grünbuch: Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit; kom-2000-0769-de; S. 63.
  3. EU Kommission (1997): Weißbuch: Energie für die Zukunft: Erneuerbare Energieträger, Weißbuch für die Gemeinschaftsstrategie und Aktionsplan 1997, COM97 599, Brüssel.
  4. EU-Kommission (2000): Grünbuch: Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit, KOM(2000)769, Brüssel.
  5. EU-Kommission (2005): Aktionsplan für Biomasse, KOM(2005) 628, Brüssel.
  6. EU Kommission (2010): Energie 2020: Eine Strategie für wettbewerbsfähige, nachhaltige und sichere Energie, KOM(2010) 639, Brüssel.



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