Normung und Zertifizierung

Einleitung

Formale Normung

Die Normung von technischen Anlagen hat eine lange Tradition und spielt beim Innovationsprozess eine zentrale Rolle. Vorrangige Ziele sind die Vereinheitlichung, Kompatibilität, Qualitätssicherung, Sicherheit und Rationalisierung. Durch die Normung wird die Spreu vom Weizen getrennt, d.h. die für die Anwendung wichtigen technischen Anforderungen und Eigenschaften haben sich zunehmend herauskristallisiert und sollen formal fixiert werden.

Normen stellen Regeln und Merkmale dar, die durch anerkannte Organisationen und deren Normungsgremien auf nationaler und internationaler Ebene formuliert werden. Normen werden nicht vom Staat festgelegt, sondern in Deutschland einzig vom Deutschen Institut für Normung[1], das vom deutschen Staat über einen Normenvertrag als Public Private Partnership damit beauftragt wurde. Er selbst wird so von rechtlichen Detailregelungen entlastet. Bei der Normung handelt sich um ein konsensuales Vorgehen der an den Normungsgreminen teilnehmenden Experten aus Unternehmen und Organisationen. Die Teilnahme ist grundsätzlich offen für jeden mit genügend Expertise für das jeweilige Gebiet und freiwillig. Verabschiedete Normen (de-jure-Standard) sind zunächst nicht rechtlich verbindlich. Erst durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen zwei Parteien oder in Gesetzen und Verordnungen mit Bezugnahme auf eine oder mehrere Norm werden diese rechtsverbindlich.[2] Die Geschichte der Normen hat gezeigt, dass diese somit de-facto gesetzesartigen Charakter haben, weil in vielen Verträgen, Gesetzen und Verordnungen auf sie Bezug genommen wird.

Nationale Normen werden in vielen Fällen auf europäischer (Europäisches Kommitee für Normung) oder internationaler (u.a. International Organization for Standardization) Ebene zu Europanormen (EN) oder Internationalen Standards (ISO) weiterentwickelt und lösen nationale Normen dabei ab.

Neben formalen Normen gibt es sogenannte Industriestandards, die in der Regel von wenigen Unternehmen vereinbart werden, woraus sich de-facto Standards für ganze Branchen entwickeln können oder nachträglich zu formalen Normen aufgewertet werden.

Darüber hinaus gibt es von verschiedenen Berufs- oder Branchenfachvereinigungen (z.B. VDI, VDE, DVGW) eine ganze Reihe sogenannter Richtlinien, in denen richtungsweisende, praktische Vorgaben für ein einwandfreies technisches Vorgehen bei technischen Installationen. Sie haben wie Normen nur empfehlenden Charakter, soweit sie nicht in vertraglichen Vereinbarungen zwischen zwei Parteien oder in Gesetzen und Verordnungen festgeschrieben werden.

Zertifizierung

Um die Einhaltung definierter Standards wie Normen (z.B. DIN), Industriestandards (z.B. PDF) oder Umweltzeichen (z.B. Blauer Engel) für die Kunden sichtbar zu machen, wurden sogenannte Zertifizierungen entwickelt. Dabei wird die Einhaltung von anerkannten Prüfstellen untersucht. Bei Bestehen wird dem Hersteller in der Regel zeitlich begrenzt ein Prüfzeichen (z.B. VDE, DIN geprüft, etc.) verliehen, mit dem er sein Produkt sichtbar auszeichnen kann, um die Produktqualität zu demonstrieren.


Holzbrennstoffe

Hackschnitzel

Die Qualität von Hackschnitzel ist von der Zusammensetzung des verwendeten Restholzes abhängig. Wegen der deshalb sehr großen Bandbreite der Hackschnitzelqualitäten kam es wie bei Holzpellets auch hier zur Erstellung von Normen. Den Anfang machte 1987 Österreich mit der ÖNorm M 7133, die im Jahr 2010 durch die Europäische Norm EN 14961-4 „Holzhackschnitzel für die Verwendung im nichtindustriellen Bereich“ abgelöst wurde bzw. in dieser aufging.

Wesentliche Anforderungen der DIN EN 14961-4 sind:

  • Keine Verwendung von Altholz,
  • max. 20 % Wassergehalt,
  • Schnitzellänge zwischen 3,15 und 63 mm sowie
  • weniger als 3 % Aschegehalt.

Zur besseren Erkennbarkeit normgerecht hergestellte Hackschnitzel wurde eine Markt-Zertifizeriung eingeführt. Bei Pellets kann seit 2011 auch eine Zertifizierung mit dem Blauen Engel für technische getrocknete Holzhackschnitzel (RAL-UZ 153) angestrebt werden. Dafür werden über die EN 14961-4 hinausgehende Anforderungen an die Herstellung hinsichtlich Nachhaltigkeit, Trocknungsenergie, Staubemissionen und letztlich Produktqualität für den Abnehmer gestellt. Bis Anfang 2014 war jedoch kein Anbieter mit Blauem Engel gelistet.

Die Nutzung normgerechter Hackschnitzel wird vor allem bei kleinen Hackschnitzelheizungen empfohlen, da deren Fördersysteme nicht auf die Förderung größerer Mengen Feinmaterial oder Hackgut mit hohen Anteilen überlanger Schnitzeln ausgelegt ist.

Holzpellets

Image Pelletnormen.jpg

Für den zuverlässigen Betrieb einer Pelletheizung ist die Qualität der Holzpellets von zentraler Bedeutung. Zentrale Qualitätsmerkmale sind der Heizwert, Schüttdichte sowie Wasser- und Aschegehalt.

Folglich wurde die Einhaltung bestimmter Mindestanforderungen analog zu anderen technischen Anwendungen mit der Erstellung von Normen geregelt. Den Einstieg machte Österreich mit der ÖNorm M 7135 im Jahr 1990. Die überarbeitete Norm des Jahres 1998 (letzte Überarbeitung erfolgte im Jahr 2000) stellte nun strengere Qualitätsanforderungen an Holzpellets, als die deutsche DIN. Diese wurde gleichzeitig mit der Zulassung von Holzpellets als Brennstoff für Kleinfeuerungsanlagen in Deutschland im Jahr 1996 mit der DIN 51731 als erste deutsche Norm für Holzpellets veröffentlicht. Als DIN-Norm hat sie es zu einem hohen Bekanntheitsgrad gebracht, wenn auch die dort definierten Anforderungen in den Folgejahren von den Pelletheizungsherstellern zunehmend als unzureichend angesehen wurden. In Schweden wurde 1999 der "Pellet Standard SS 187120" etabliert, der auch teilweise strengere Anforderungen als die deutsche DIN enthielt. Weiter hatte auch die Schweiz mit der Norm "SN 166000" eigene Anforderungen an die Qualität von Pellets definiert, ebenso die USA/Kanada (Standard Regulations & Standards for Pellets in the US: PFI Premium grade) und Großbritannien (The British BioGen of Practise for Biofuels – pellets).

Die deutsche DIN 51731 geriet mit der Zeit immer mehr auf das Abstellgleis, da sie ggü. der von den österreichischen Pelletkesselherstellern mitentwickelten ÖNorm weniger strenge Anforderungen stellte. Insbesondere erlaubte sie zu großzügige Bandbreiten bei Einzelparametern. Außerdem es gab keine Kontrolle der Pellets/Hersteller und trotz des Verbots von Zusatzstoffen in der DIN 51731 waren diese über die Kleinfeuerungsanlagen-Verordnung in Deutschland dennoch möglich. Folglich erteilen die meisten (österreichischen) Kesselhersteller keine Freigabe mehr für DIN 51735-Pellets. Dieser Akzeptanzmangel wurde mit dem Zertifizierungsprogramm DIN plus behoben. Dies war keine Änderung der DIN Norm selbst, sondern eine Zusammenführung der jeweils strengeren Anforderungen aus DIN und ÖNorm für eine Marktzertifizierung (siehe weiter unten).

Ab dem Jahr 2010 galt dann die erste europaweite Norm EN 14961-2 "Holzpellets für nichtindustrielle Verwendung", die seitdem zwei Qualitätsstufen A1 und A2 (Aschegehalt max. 1 % statt 0,7 %) unterscheidet sowie mit der Qualitätsstufe B eine Regelung für Industriepellets enthält. Die Klasse A1 entspricht weitgehend den bisherigen Normen DIN plus / ÖNorm M 7135. Der nächste Schritt bei der Normierung ist die international gültige ISO 17225-2, die wiederum im Wesentlichen die Anforderungen der EN 14961-2 übernimmt und diese dann ablösen wird. Die Gültigkeitssetzung wird für das Jahr 2014 erwartet.[3]

Um die Einhaltung der Normen für die Kunden sichtbar zu machen, wurden hier schon mit „DIN plus“ 2002 eine erste Markt-Zertifizierung eingeführt, um die Pellets mit einem für den Markt bedeutsamen Logo zu versehen. Ab dem Jahr 2010 wurde mit der nun gültigen EU-Norm das neue ENplus Zertifikat eingeführt. Hierbei ist nun analog bisherigen ÖNorm M 7136 auch der Handel in die Zertifizierung mit einbezogen worden, so das es durch Transport, Lagerung und Lieferung nicht zu Qualitätseinbußen kommt und unvermeidlicher Staub durch die mechanische Belastung der Pellets beim Transport und Umschlag vor der Auslieferung an den Kunden entfernt wird. Hierfür besprühen erste Anbieter die Pellets direkt vor Ort während des Einblasens in den Pelletbunker mit einem Pflanzenöl und reduzieren so die Staubbelastung nach eigenen Abgaben um 95 % und verbessern die Schüttdichte und Transportfähigkeit in der Förderschnecke.

Für technisch getrocknete Pellets ist zusätzlich seit dem Jahr 2011 eine Zertifizierung mit dem (RAL-UZ 153), wobei über die EN 14961-2 hinausgehende Anforderungen hinsichtlich Nachhaltigkeit, Trocknungsenergie und Staubemissionen an die Herstellung gestellt werden. Bis Anfang 2014 (Redaktionsschluss) war kein Blauer Engel für Holzpellets vergeben worden.

Holzheizkessel

Für Holzheizkessel sind je nach Typ verschiedene Normen relevant:

  • DIN 18894 (2005) Pelletöfen bis 15 kW.
  • DIN 15270 (2008) separate Pelletbrenner bis 70 kW, die an geeignete Warmwasserkessel angebaut werden können.
  • DIN EN 303-5 (2012) Heizkessel für feste Brennstoffe mit manuell und automatisch beschickte Feuerungen bis 500 kW.

Seit dem Jahr 2011 vergibt die Jury Umweltzeichen den Blauen Engel an Pellet- und Holzhackschnitzel-Kessel (RAL-UZ 112). Damit verbunden sind anspruchsvolle Anforderungen an Effizienz und Emissionsarmut, insbesondere die Einhaltung der erst ab 2015 gültigen strengen Grenzwerte der 1. BImSchV, nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch im Einsatz vor Ort.

Solarkollektoren

In Deutschland war für Solarkollektoren aus einer ersten Verbandsregel ab 1977 die DIN 4757 Teil I entwickelt worden, die ab 1980 vorlag und in den Folgejahren weiterentwickelt wurde. Sie wurde im Jahr 2001 durch die DIN EN 12975-1 Allg. Anforderungen abgelöst. Parallel hinzu kam ab 1994 die internationale ISO 9806-1, die dazu Testmethoden für Solarkollektoren definierte, die jedoch mangels Weiterentwicklung faktisch seit 2006 von der DIN EN 12975-2 Testverfahren überholt wurde. Auf Basis dieser DIN wurde die DIN EN ISO 9806 überarbeitet und löste zum März 2014 die DIN EN 12975-2 ab. Neben den Normen für Kollektoren sind bei der Errichtung von Solarthermischen Anlagen eine ganze Reihe weiterer Normen zu beachten, die sich auf die anderen Komponenten der Anlage beziehen.

Keymark-DIN.jpg

Die Einhaltung der einschlägigen Normen und die Zertifizierung für den Absatzmarkt wird bei Solarkollektoren z.B. über von DIN CERTCO[4] zertifizierte Prüfpartner geprüft und bescheinigt. Das für fünf Jahre verliehene Zertifizierungszeichen für Solarkollektoren ist das europäische Solar KEYMARK, welches immer in Verbindung mit einem nationalen Zeichen - in Deutschland „DIN geprüft“ – vergeben wird.

Über die Normung hinaus werden für die Verleihung des Blauen Engels für Solarkollektoren (RAL-UZ 73) seit dem Jahr 1992 vom Bundesumweltamt zusätzliche Anforderungen gestellt[5], die aber vor allem auf eine Reduktion der Gefahrenstoffe, des Material- und Energieverbrauchs sowie der stofflichen Emissionen bei der Herstellung von Kollektoren abzielten. Der Blaue Engel will dem Verbraucher signalisieren, dass der Kollektor nicht nur eine hohe Produktqualität aufweist, sondern auch umweltschonend hergestellt wurde.

Wärmepumpen

Die Normung von Wärmepumpen erfolgt differenziert anhand der Art des Antriebs:

  • DIN EN 14511-1 bis 14511-4 (2013) für Kühlanlagen/Wärmepumpen mit elektrisch angetriebenen Verdichter.
  • DIN 33830-1 (1988) in Verbindung mit DIN EN 12309 (Sicherheit, 1999) für gasbetriebene Absorptions- und Adsorptions-Wärmepumpengeräte.
  • DIN 33831 (1989) für Wärmepumpen mit verbrennungsmotorisch angetriebenen Verdichtern.

Bei Wärmepumpen hängt die Effizienz von einer Reihe von Faktoren ab:

  • Wärmequellentemperatur,
  • Heizungsvorlauftemperaturen über die Heizperiode,
  • Energiebedarf der Hilfsantriebe (Lüfter, Kältemittelpumpe, Wasserpumpe)
  • Temperaturdiefferenz zwischen Vor- und Rücklauf.

Um die Leistungszahl bzw. die Jahresarbeitszahl zu bestimmen, wurden für elektrische Wärmepumpen entsprechende Prüfbedingungen festgelegt. Dies erfolgte erstmalig 1980 mit der DIN 8900 "Wärmepumpen; Anschlußfertige Wärmepumpen mit elektrisch angetriebenen Verdichtern, Prüfbedingungen, Prüfumfang, Kennzeichnung". Abgelöst wurde die DIN 8900 im Jahr 1997 durch die DIN EN 255-2, die wiederum 2004 durch die DIN EN 14511 "Luftkonditionierer, Flüssigkeitskühlsätze und Wärmepumpen mit elektrisch angetriebenen Verdichtern zur Luftkonditionierer, Flüssigkeitskühlsätze und Wärmepumpen mit elektrisch angetriebenen Verdichtern für die Raumbeheizung und -kühlung - Teil 3: Prüfverfahren" abgelöst wurde. Hinzu kommt die DIN EN 14825 "Luftkonditionierer, Flüssigkeitskühlsätze und Wärmepumpen mit elektrisch angetriebenen Verdichtern zur Raumbeheizung und -kühlung - Prüfung und Leistungsbemessung unter Teillastbedingungen und Berechnung der saisonalen Arbeitszahl"

Für die Praxis relevant ist auch die VDI 4650 Blatt 1 "Berechnung von Wärmepumpen, Kurzverfahren zur Berechnung der Jahresarbeitszahl von Wärmepumpenanlagen - Elektro-Wärmepumpen zur Raumheizung und Warmwasserbereitung". Für die Förderung einer Wärmepumpe über das MAP wird gefordert, dass die Berechnung der Jahresarbeitszahl nach diesem Verfahren erfolgt ist (faktisch keine Arbeitszahl, sondern eine Prognosekennzahl). Für Gaswärmepumpen ist es die VDI 4650 Blatt 2 "Kurzverfahren zur Berechnung der Jahresheizzahl und des Jahresnutzungsgrades von Sorptionswärmepumpenanlagen".

EPHA Gütesiegel.jpg

Um die Einhaltung der Normen ggü. Investoren zu bestätigen, wurden von den Wärmepumpe-Fördergemeinschaften in Deutschland, Österreich und Schweiz 1998 das DACH-Gütesiegel eingeführt (heute EPHA-Siegel). Die Einhaltung der Norm wird in Deutschland von derzeit fünf unabhängigen Prüfeinrichtungen (z.B. TÜV Süd, TÜV Rheinland, ILK TU Dresden) zertifiziert. Die nationalen Verbände (in Deutschland Bundesverband Wärmepumpe) vergeben das Siegel, wenn über die DIN EN 14511 hinaus noch weitere Anforderungen erfüllt sind. Darüber hinaus wurde auch ein EPHA-Siegel für Installateure eingeführt.

Zudem stellt die am 26.09.2013 für wasserbetriebene Heizungen (nur für Öl, Gas oder Strom) in Kraft getretene EU-Ökodesign-Richtlinie Mindestanforderungen an die Effizienz und legte die Berechnung der Effizienzwerte fest. Ab dem 26.9.2015 dürfen nur noch Geräte beworben oder angeboten werden, die mit dem Energieeffizienzlabel ausgestattet sind.

Die Verleihung des Blauen Engels für energiesparende Wärmepumpen (RAL-UZ-118) stellt zusätzlich besondere Anforderungen an die Klimaschutzwirkung, Geräuschemissionen, CO- und NOx Emissionen sowie Installations- und Bedienungsanleitung. Bis Anfang 2014 (Redaktionsschluss) war kein Blauer Engel für Wärmepumpen vergeben worden.



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Quellen und Fußnoten

  1. Das heutige DIN entstand aus dem 1917 gegründeten Normenausschuss der deutschen Industrie (NADI), ab 1926 Deutscher Normenauschuss (DNA). Mit dem Normenvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und DNA 1975 wurde die Organisation in DIN Deutsches Institut für Normung umbenannt.
  2. Vgl. dazu auch Deutsches Institut für Normung: Rechtsverbindlichkeit von Normen.
  3. Der öffentliche Begutachtungsprozess lief bis 31.5.2013, anschließend Begutachtung der Eingaben und Vorlage der Korrekturfassung zur Zulassung.
  4. DIN CERTCO ist ein gemeinsames Unternehmen des TÜV Rheinland und des DIN Deutschen Institut für Normung.
  5. Die Anforderungen wurden in den Jahren 1998, 2004 und zuletzt 2009 überarbeitet.