Technik Solarthermie

Entwicklungshistorie

In Deutschland begann die Entwicklung von Flachkollektoren nach dem ersten Ölpreisschock 1973/74. Dieser erste Ölpreisschock Anfang der 1970er Jahre war für viele Menschen ein Signal, dass der Preisvorteil fossiler Energieträger wohl nicht auf Dauer bestehen würde. In der Folge machten sich auch in Deutschland viele Visionäre und Tüftler auf den Weg, um die vorhandenen und in anderen Ländern (Japan, Australien, Israel) zum Teil schon weiter verbreiteten Kollektorkonzepte weiterzuentwickeln und sie für den Einsatz in nördlichen Klimazonen tauglich zu machen. Das Firmenverzeichnis des ersten Heftes der Zeitschrift „Sonnenenergie“ (Januar 1976) listete erst vier Hersteller von Kollektoren in Deutschland auf. In den USA dagegen sollen es 1977 bereits 140 Produzenten von Solarkollektoren gegeben haben, u.a. auch bei großen Konzernen wie ITT, General Motors oder General Electric[1].

Ebenso wie die Modernisierung der Holzheizungen, wurde auch die Solarthermie im Nachbarland Österreich im Vergleich schneller aufgegriffen, so dass in Spittal Stiebel Eltron 1978 die damals größte und modernste Fertigungsstätte für Flachkollektoren in Betrieb nahm.[1] Die Erwartungen an einen Durchbruch der Solarthermie waren groß, auch verstärkt durch die 2. Ölpreiskrise 1979/80. Jedoch kam es Anfang der 1980er Jahre nach einen ersten Nachfrageboom europaweit zu einem massiven Nachfrageeinbruch, denn es zeigten sich – neben einem deutlichen Rückgang der Ölpreise – nunmehr die qualitativen Probleme der ersten Kollektorgeneration, wie Undichtigkeiten, Korrosion oder vergilbte Kunststoffabdeckungen. Dies brachte Solarkollektoren einen schlechten Ruf ein und viele Pionierfirmen mussten daraufhin aufgeben.[1] Vakuumröhrenkollektoren spielten zu dem Zeitpunkt noch keine Rolle, sie kamen erst Anfang der 1980er Jahre auf den Markt.

Ein nachhaltiger Durchbruch aus der Nische kam für solarthermische Anlagen (Funktionsvideo) in Deutschland jedoch erst mit Beginn der 1990er Jahre. Nicht zuletzt wegen der besseren Einstrahlungsbedingungen waren es zunächst vor allem süddeutsche Kunden in Bayern, wo über Solar-Einkaufsgemeinschaften und Selbstbaugruppen (vgl. Innovationsbericht) zeitweise mehr Anlagen als über das Fachhandwerk vertrieben wurden.[2] Wichtige Impulse kamen aus Österreich, wo 1986 von Selbstbaugruppen mehr Kollektorfläche produziert wurde, als über gewerbliche Anbieter verkauft werden konnte. Hieraus entstand in Österreich die „Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energien (AEE) in Gleisdorf[3], von der aus Impulse nach Süddeutschland ausgingen.[1] Im Jahr 1996 hatte Österreich so pro Einwohner bereits ggü. Deutschland die 8-fache installierte Kollektorfläche aufzuweisen[4].

Flachkollektoren

Bild 1: Flachkollektor

Der Flachkollektor besteht aus einer rechteckigen Rahmenkonstruktion, in der eine metallische Absorberplatte aus Stahl, Kupfer oder Aluminium montiert ist. Darin oder darauf befinden sich Rohre, durch die eine Flüssigkeit zum Abtransport der Wärme zirkuliert. Von oben wird der Rahmen zur Isolation mit einer transparenten Abdeckung aus Glas oder Kunststoff abgedeckt. Ziel der Konstruktion ist es einen möglichst hohen Anteil der Solarstrahlung in Wärme umzuwandeln und an die Wärmeträgerflüssigkeit abzugeben.

Die technische Entwicklung von Flachkollektoren hatte nicht in Deutschland ihren Anfang genommen, sondern bereits einige Jahrzehnte zuvor in den USA[5] Die wesentlichen Bauprinzipien heutiger Flachkollektoren waren dort bereits Ende der 1930er erstmals umgesetzt worden. Führend in der Entwicklung war zu jener Zeit das Massachusetts Institute of Technology (MIT] in Cambrigde bei Bosten, wo zwischen 1938 und 1962 insgesamt vier Solarhäuser errichtet wurden, an denen die technischen Möglichkeiten der solaren Gebäudebeheizung erforscht wurden. Das erste MIT-Solarhaus „Solar I“ wurde 1939 errichtet und hatte vierfach verglaste Flachkollektoren, wobei mit deren Hilfe gewonnene Solarwärme in einem 65 m³-Wassertank unter dem Gebäude gespeichert wurde[6]. Die ersten vier Versuchshäuser zeigten damals bereits die Möglichkeiten und Grenzen für die Gebäudeheizung mit Solarwärme auf. Das sich die Solarthermie seitdem nicht hat durchsetzen konnten, hatte die gleichen wirtschaftlichen Gründe, wie sie auch heute noch bestehen: Die Wärmeerzeugung über fossile Energieträgern war einfacher und kostengünstiger als mit Solarwärme.

Eine Sonderform stellen Photovoltaisch-thermische (PVT) Hybridkollektoren[7] dar, bei denen die Strom- und Wärmeerzeugung kombiniert erfolgt. Im einfachsten Fall werden auf der Rückseite von Standard Photovoltaikmodulen Rohre angebracht, die das Modul kühlen und die Wärme abführen. Wärmeleistung an kühlen Tagen gibt es aber nicht. Aufwendigere Konstruktionen integrieren die PV-Modulfläche in den Flachkollektor, so dass sich zwischen der Glasabdeckung und dem Absorber die Solarzellen befinden. Diese Bauart ist systembedingt empfindlich gegenüber Undichtigkeiten beim hydraulischen Teil, weshalb bei der Herstellung große Sorgfalt notwendig ist. Die Herausforderung besteht darin, die Wärme- und Stromproduktion eines Moduls so abzustimmen, dass das Kombi-System gegenüber der Summe aus beiden Einzelsystemen klare Vorteile bringt. Ein wesentlicher Vorteil neben des geringeren Platzbedarfs ist der, dass mehr Solarstromertrag möglich ist, denn die Leistung von kristallinen Silizium-Solarzellen sinkt mit zunehmender Zellentemperatur. Die Wasserkühlung kann diesen Effekt mindern und den Stromertrag um 4 bis 10 Prozent steigern, allerdings nur dann, wenn auch an heißen Tagen ganztägig die anfallende Wärme vollständig gewährleistet ist. Dies erfordert einen großen Wärmespeicher, z.B. das Erdreich bei der Kombination mit einer Wärmepumpe.[7]

Vakuumröhrenkollektoren

Bild 2: Vakuumröhrenkollektor

Bereits Mitte der 1970er Jahre hatte das niederländische Unternehmen Philips einen Röhrenkollektor (Funktionsvideo) vorgestellt[8] Weitere Anbieter waren Corning Glass Works und Thermomax. Die Röhren waren einwandig und wurden als Ganzes evakuiert (Vollvakuumröhre)[9] [10] . In Deutschland wurden diese Röhren u.a. ab Anfang der 1990er Jahre u.a. auch von dem 1988 gegründeten Unternehmen Paradigma vertrieben, das zu der Zeit noch Flachkollektoren produzierte. Jedoch waren die Kosten der Röhrenkollektoren zu der Zeit um den Faktor 4 höher als bei Flachkollektoren. Zudem kam es häufig durch Spannungsrisse zu Undichtigkeiten und Verlust des Vakuums.

Wesentlich weiterentwickelt wurde der Vakuumröhrenkollektor schließlich an der Universität Sydney (daher oft auch als Sydney-Kollektor bezeichnet). Dieser Kollektor hat nun eine doppelwandige evakuierte Glasröhre (Teilvakuumröhre)[9], die von innen nun selektiv beschichtet wurde, um eine hohe Absorption der Sonnenstrahlung bei geringer Wärmeabstrahlung zu erreichen. Dies führte auch zur weitgehenden Unabhängigkeit vom Einstrahlungswinkel der Solarstrahlung. Die innere und äußere Glasröhre werden wie bei der Dewar-Isolierkanne[11] direkt miteinander verschweißt, was die Haltbarkeit des Vakuums wesentlich verbesserte und materialbedingte Spannungsrisse durch Wegfall eines Materialübergangs wie bei der Vollvakuumröhre deutlich reduzierte. Die patentierten Glasröhren wurden zunächst nur in China hergestellt und ab 1996 auch von Paradigma bei ihrem ersten eigenen Vakuumröhrenkollektor eingesetzt. China ist seitdem nicht nur zum größten Weltmarkt für Solaranlagen geworden (etwa 80 %), sondern auch die Mehrheit der weltweit in Röhrenkollektoren verbauten Vakuum-Glasröhren stammt von dort[12]. Deutsche Hersteller sind doppelwandiger Röhren ist NARVA.

Eine weitere Weiterentwicklung war die Verwendung eines in die Vakuumröhre eingeschobenen Wärmerohres (Heat-Pipe) als Absorber statt des direkt mit der Solarflüssigkeit durchströmten Absorbers bei CPC-Kollektoren. Das geschlossene Wärmerohr enthält eine leicht verdampfende Flüssigkeit (meist reines Wasser). Der entstehende Dampf steigt im Wärmerohr auf (Mindestneigung des Kollektors 25°) und gibt am höchsten Punkt die Wärme über einen kleinen Kondensator an die davon getrennt durch das Sammelrohr zirkulierende Wärmeträgerflüssigkeit ab. Durch die Abkühlung verflüssigt sich das Medium im Wärmerohr wieder und fließt zurück nach unten. Diese Bauart trennt den Warmwasserkreislauf von dem Kollektor und bietet mehr Betriebssicherheit.

Seit seinem Markteintritt gibt es zumindest in Europa eine Diskussion darüber, ob der Vakuumröhrenkollektor im Vergleich zum Flachkollektor praktische Vorteile bietet, da der Röhrenkollektor bauartbedingt geringere Wärmeverluste aufweist und somit bei kühlen Außentemperaturen höhere Solarenergieerträge liefert und höhere Temperaturen ermöglicht. Dies verschafft ihm in der Übergangszeit und im Winter Vorteile gegenüber dem Flachkollektor bei gleicher Fläche, so dass ein höherer Gesamtjahresertrag möglich ist. Praktisch wird aber die typischerweise für einen 4-Personen-Haushalt installierte Fläche von 10-14 m² bei Flachkollektoren auf 7-10 m² reduziert, so dass der Jahresertrag vergleichbar ist, jedoch weiterhin Vorteile im Winterhalbjahr und bei deutlich von Süden abweichender Dachflächen bestehen. Durch eine Vergrößerung der Fläche lassen sich auch bei Flachkollektoren größere Jahreserträge erzielen. In beiden Fällen werden jedoch dann im Sommerhalbjahr hohe Wärmeüberschüsse erzielt, die jedoch in Wohnhäusern nicht nutzbar sind.

Große Solarwärmeanlagen

Auch wenn der Markt für Solarkollektoren von der Nachfrage für kleine Wohngebäude bestimmt wird, so kann Solarthermie auch in großen Maßstab eingesetzt werden. In Frage kommt die Trinkwassererwärmung, Heizungs- und Prozessunterstützung in Mehrfamilienhäusern, Wohnsiedlungen, Bürogebäuden sowie Gewerbe- und Industriebetrieben. Bei den bisher umgesetzten Projekten handelt es sich in der Regel um über Forschungsprogramme[13] geförderte Projekte >100 m2 Kollektorfläche mit Pilot- und Demonstrationscharakter. Der wesentliche Unterschied zu den üblichen Kleinanlagen besteht in der komplexeren Systemtechnik und individuellen Planung bzw. Auslegung der Anlage. Der Planungsaufwand und die Kosten der Systemtechnik sind höher. Dennoch sind die solaren Wärmegestehungskosten ggü. Kleinanlagen in der Regel um den Faktor 2 günstiger und liegen bei der Trinkwassererwärmung mit 8-10 Cent/kWh schon auf dem Niveau konventioneller Warmwassererzeugung.[14] Auch hier zeigt sich wie schon bei kleinen Anlagen, dass ein komplexer Aufbau kaum Vorteile bringt, sondern nur die Wartungs- und Instandhaltungskosten in die Höhe treibt. Ein einfacher Aufbau sorgt für einen zuverlässigen und kostenoptimalen Betrieb über einen langen Zeitraum.

Leistungsfähigkeit

Bild 3: Jährliche Energieerträge von Solarkollektoren zwischen 1994 - 2011

Die Leistungsfähigkeit solarthermischer Anlagen wurde in Vergleichstests von 12 Brauchwasser-Solaranlagen[15] und 13 Kombianlagen[16] zur solaren Erwärmung von Brauch- und Heizwasser aus dem Jahr 2008/2009 untersucht. Mit solarer Wärme aus diesen Anlagen können im Jahr zwischen 50 und 60 % des Warmwasserbedarfs (rund 3.000 kWh) gedeckt werden, mit Kombianlagen ließen sich im betrachteten (Neubau)-Modellhaus zwischen 17 und 29 % des fossilen Brennstoffbedarfs einsparen. Interessant war dabei, dass Vakuumröhrenanlagen bei der Energieeffizienz und vor allem Kosten gegenüber den Flachkollektoren insbesondere bei reinen Brauchwasseranlagen schlechter abschnitten. Hinsichtlich der jährlichen Erträge sind weitere Steigerungen kaum zu erwarten, da seit Mitte der 1990er Jahre die durchschnittliche Wärmeertragsleistung der Kollektoren nur noch geringfügig zugelegt hat (Bild 3).



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Quellen und weiterführende Hinweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Hackstock, Roger: 30 Jahre Solarenergie - Rückblick und Ausblick. Verband Austria Solar.
  2. Hilz, Wolfgang: Persönliche Mitteilung; Streicher, Wolfgang: Sonnenenergienutzung. TU Graz Institut für Wärmetechnik, S. 20.
  3. Weiß, Wolfgang: Im Selbstbau errichtete Solaranlagen. In Brennstoff-Wärme-Kraft 43 (1991) Nr. 12, S. 563-566.
  4. Öko-Institut Hrsg. Rainer Schüle, Martin Ufheil, Christian Neumann: Thermische Solaranlagen – Marktübersicht. Freiburg 1997.
  5. Jochem, Eberhard: Technikfolgenabschätzung am Beispiel der Solarenergienutzung. Hrsg: Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung, Karlsruhe. Lang 1988.
  6. Jakob Schoof: Amerikas Solarexperimente.
  7. 7,0 7,1 BINE Projektinfo 10/2012: Solardächer doppelt nutzen
  8. Dietrich, G.: Raumheizung mit Sonnenenergie in der Bundesrepublik Deutschland. In: Brennstoff-Wärme-Kraft 28 (1976) Nr. 1, S. 23-28.
  9. 9,0 9,1 Grafiken zu Röhrenkollektoren
  10. Ein Röhrenkollektor, der sich durchgesetzt hat In: Sonnenenergie Heft 3/1986.
  11. Benannt nach dem schottischen Physiker James Dewar, der 1874 erstmals ein doppelwandiges evakuiertes Metallgefäß vorstellte. Ab 1920 stellte die Firma Thermos kommerziell Gefäße nach dem Dewar-Prinzip her und wurde so zum bekannteren Namensgeber
  12. Persönliche Mitteilung von Klaus Taafel, Firma Paradigma am 6.2.2013
  13. Insbesondere Solarthermie2000 und Solarthermie2000plus
  14. BINE Informationsdienst: Themeninfo I/2008 "Große Solarwärmeanlagen für Gebäude"; Projektinfo 01/2013 "Sonnenenergie in der Erde speichern"; Projektinfo 02/2011 "Mit Sommersonne gegen Winterkälte"
  15. Test 3/2008: Vom Kollektor in die Badewanne. S. 70-75
  16. Test 3/2009: Sonne Statt Öl und Gas. S. 59-65